Die lieben Eltern
Komödie von Armelle und Emmanuel Patron
Regie: Marco Linke
Boulevardtheater Bremen, 2025
Presse
Die lieben Eltern - sehr empfehlenswert für all jene, die abseits des Mainstreams eine Komödie mit Herz und Hirn erleben möchten
Von der ersten Minute an gelingt der Inszenierung unter Marco Linke ein spürbarer Balanceakt zwischen heiterem Familienchaos und nachdenklichem Blick auf Verhältnisse zwischen Eltern und erwachsenen Kindern. Das Bühnenbild und die SchauspielerInnen schaffen eine vertraute Atmospähre, zugleich ist das Geschehen überraschend, scharf beobachtet und mit angenehm bitteren Nachgeschmack. Wendungen werden pointiert, häufig witzig, aber niemals lauwarn umgesetzt.
Die Regie verzichtet auf übertriebene Gags und schenkt dem Text Raum: Das Tempo bleibt lebendig, doch es wird auch innegehalten - in Blicke, in kleine Gesten, in das, was unausgesprochen bleibt. In diesen Momenten zeigt sich der Tiefgang des Stückes: Es geht um Loyalität, Erwartung, Enttäuschung. Und vor allem darum, dass Liebe allein nicht genügt, wenn wenig gesprochen wird. Der Raum für Identifikation ist groß - gerade, wenn man selber in dieser Phase erwachsener Kinder steckt.
Wer eine reine Unterhaltungskomödie erwartet, bekommt diese - aber wer sich darauf einlässt, wird auch berührt und angeregt. Insgesamt: Eine sehenswerte Aufführung, die Spaß macht, klug ist und dabei weder sentimental noch kalt wirkt. Sehr empfehlenswert - insbesondere für all jene, die abseits des Mainstreams eine Komödie mit Herz und Hirn erleben möchten.
(aus Broadway-World Germany, November 2025)
Am Boulevardtheater sorgt ein Lottogewinn für Ärger
Lottogewinn mit Folgen: Das Boulevardtheater Bremen zeigt die schwarzhumorige Komödie "Die lieben Eltern". Ein Stück über Familiendynamik, Gier und brökelnde Motalvorstellungen.
Hermes Schmied und Kathrin Busch spielen die plötzlich reich gewordenen Eltern mit einer Engelsgeduld. Sven Mein spielt den Erstgeborenen als etwas schnöseligen Solarpanelverkäufer. Kai Hochhäuslers Julian ist ein liebes Muttersöhnchen. Und Ramona Schlenker geht voll in der Rolle der süßen Tochter auf.
"Die lieben Eltern" enthüllt schonungslos die dunkle Seite, die wohl in jedem Menschen steckt. Selbst (oder insbesondere?) in denjenigen, die sich als selbstlose Weltverbesserer sehen. Es ist ein böses Kammerspiel über Scheinheiligkeit und Moral, Kapitailsmus, Gier, Familiendynamik und das Ende der eigenen Bescheidenheit. Es zeigt sehr deutlich, wie leicht der Mensch seine eigene Zufriedenheit damit zerstören kann, sich mit anderen zu vergleichen. Anderen, die mehr haben, denen es vermeintlich viel besser geht. Ebenso zeigt es, dass Geld nicht immer ein Segen ist.
Die Geschichte, inszeniert von Boulevardtheater-Ensemblemitglied Marco Linke, entfaltet sich langsam, setzt viel auf die Beziehung der Figuren untereinander, die im Laufe des Abends eine starke Wandlung durchläuft.
(aus Weser Kurier, November 2025)
Die Gier und wir: "Die lieben Eltern" im Boulevardtheater Bremen
Ein kurzweiliger Familienkonflikt: Das französische Erfolgsstück „Die lieben Eltern“ wirft am Boulevardtheater Bremen Fragen auf, die ans Eingemachte gehen.
Nichts als Ärger mit der Familie! Dabei könnte alles so schön sein, denn Per (Sven Mein), Julian (Kai Hochhäusler) und Louisa (Ramona Schlenker) lieben ihre Eltern sehr und haben sich, obwohl längst erwachsen, nie so richtig von ihnen gelöst. Umso größer die Panik der Kinder, als ihre Eltern sie zu einem wichtigen Gespräch nach Hause bitten.
Die vom Autorenpaar eingebaute feine Abstufung erlaubt es, auf der Bühne verschiedene Stadien der Verblüffung und die damit verbundenen Perspektivwechsel sichtbar zu machen, was in der Inszenierung von Marco Linke auch schön anschaulich gelingt.
Pausenklingel. Eine Stunde um, hat sich aber nur wie eine gute halbe Stunde angefühlt. Nach insgesamt etwa zwei Stunden noch einmal der gleiche Effekt: Was, schon vorbei? Es ist ein im Wortsinne kurzweiliger Abend, die Wendungen und Perspektivwechsel tragen dazu bei und überdecken manch absehbare Pointe.
Dabei kommen ernste und schwere Themen zur Sprache. Mit französischer Eleganz spricht dieses Stück quasi en passant viele Fragen an, die wehtun. Lieben die Kinder ihre Eltern wirklich, wie sie es behaupten? Oder lieben sie vielleicht mehr die Bequemlichkeit, die Mutter und Vater bieten, die Sicherheit und nicht zuletzt: das Geld? Und, ja, was braucht der Mensch, um glücklich zu sein?
(aus Kreiszeitung, November 2025)